Montag, 25. Juni 2012

Perspective: Warum es manchmal einen anderen Blickwinkel braucht, um nicht gegen Wände zu laufen

Starten wir mal etwas spielerisch in die Woche, um den richtigen Blickwinkel zu finden: Ein Studententeam am DigiPen Institute of Technology bastelt an einem sehr interessant aussehenden Computerspiel. Perspective lautet der passende Name des Titels, der 2-D-Plattformer (der klassische Super-Mario-Ansatz) mit einer 3D-Umgebung kombiniert (Projektseite hier). Die Spielfigur bewegt sich dabei in einer zweidimensionalen Welt und nimmt nur die blauen Laufwege beziehungsweise orangefarbenen Hindernisse wahr. Der Spieler sieht mehr, bewegt sich (im Wesentlichen die Kamera) in einem dreidimensionalen Raum. Seine Aufgabe: Den Blickwinkel in diesem Raum so ausrichten, dass der zweidimensionale Kerl weiter kommt. Spielfortschritt durch Perspektivwechsel.

Das sieht durchaus spannend aus, auch wenn das Leveldesign eine trickreiche Angelegenheit wird:



Spannend und mental sicher nicht ganz ohne. Gleichzeitig aber gute Mahnung und vielleicht auch gutes Training. Denn als Problemlösungsstrategie wird der Perspektivwechsel gern vernachlässigt. Dabei braucht es oft genug wie im Spiel genau den, um nicht gegen Wände oder ins Verderben zu laufen, um tatsächlich weiterzukommen.
In vielen Fällen ist genau dieses Zurücktreten und dieser externe Blick notwendig. Wie sieht die Situation jenseits der eigenen Scheuklappen aus? Wie wirkt sie von außen, also außerhalb der festgelegten Wege, der festgelegten Denkansätze? Dieser Abstraktionsprozess macht manche Wände, gegen die man läuft, erst sichtbar - oder erlaubt überhaupt eine Veränderung der Situation, in der Probleme überwindbar werden.

Bei vielen Projekten liegt genau im fehlenden Perspektivwechsel die Ursache für das Scheitern. Gerade Unternehmen denken gerne aus den eigenen Strukturen, der eigenen Logik heraus. Dabei vergessen sie die Kunden- oder Nutzerperspektive - mit fatalen Folgen. Denn die ist für Erfolg oder Scheitern ganz entscheidend.

So entstehen dann Dinge wie RIMs Tablet Playbook, das erstmal nicht 3G-fähig auf den Markt kam, weil es der Nutzer ja mit seinem Blackberry koppeln kann. Oder der Ansatz im Onlineshop von Media Markt, den Kunden vorzuschlagen, dass sie, so sie Versandgebühren sparen wollen, die Lieferungen doch im nächsten Laden abholen sollen. Das tut der Kunde aber nicht, aus seiner Perspektive ist es viel einfacher, die Gebühren zu sparen, indem er woanders bestellt, wo gebührenfrei geliefert wird.

Auch bei digitalen Medienprodukten schlägt dieses Phänomen gern zu, gut zu sehen an Paid-Content-Konzepten. Da werden dann Ticker-Infos als Mehrwert gesehen, der dem Nutzer doch auch mehr wert sein müsste - sprich, bare Münze. Die gleiche Information erhält er andernorts allerdings gratis, was ihm aus seiner Perspektive klar ist.

Projekten und Konzepten tut es gut, sie mit etwas Abstand zu betrachten, zu prüfen, wie sie von außen wirken. Oft genug wirken sie nur aus der Binnenperspektive schlüssig, aus drei Schritt Entfernung klaffen Löcher oder ragen Klippen auf.

Die eigenen Scheuklappen abzulegen, dreidimensional zu denken und Dinge losgelöst von der Situation zu betrachten, ist wichtig. Perspektivenwechsel können voranbringen.

In diesem Sinne: Game on.

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