Dienstag, 4. Oktober 2011

Apple: Welcome to the Magic Kingdom

Kleine Analyseaufgabe für die heute noch anstehende Produktverkündigung aus Cupertino: Verfolgen Sie daran mit, was Apple richtig macht und die Konkurrenz nicht begreift.

Und ich rede nicht von Technik.
Das ist nämlich gleich der erste Fehler.

In Ankündigungen wie in den Werbemaßnahmen kommuniziert Apple nicht, was für tolle Technik in dem Gerät steckt – sie zielen immer auf die affektive, persönliche Ebene. Was kann der Nutzer damit machen, wie wird es sein Leben verändern?
Ein iPad-Spot etwa zeigt, was sich damit alles anstellen lässt.
Kurz danach kommt dann ein Spot der Konkurrenz, die mir stolz erzählen, wie viel Zoll ihr Display hat und was für eine Auflösung in Pixeln es schafft.

Das ist zu abstrakt, das erreicht den Mainstream-Kunden nicht.

Die Grundlogik zeigt sich auch an Apples Sprachwahl, die bei mir immer Zähneknirschen auslöst. "Ein magisches Produkt" und so weiter. Das zielt aber auch auf das Erleben, nicht das Erklären ab. Nach Arthur C. Clarke ließe sich sagen: "Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden." Soll in diesem Kontext heißen: Dem Endkunden ist völlig schnuppe, warum das Gerät kann, was es kann oder wie es funktioniert. Smoke and Mirrors. Das Entscheidende ist, dass es funktioniert - und das so simpel wie möglich. Ist im Übrigen eine Logik, die Steve Jobs schon in seiner Antrittsrede beim Apple-Wiedereinstieg 1997 konkret formuliert hat. Nicht Technologie entwickeln und schauen, wie sich die verkaufen lässt, sondern für das entwickeln, was das Unternehmen als Bedürfnisse der Nutzer wahrnimmt.

Was immer Tim Cook heute präsentiert: Das Ding wird sich verkaufen, wenn es nicht gerade ein iPhone Shuffle ohne Bildschirm ist, das wahllos Leute anruft.

Da können Android-Jünger noch so viel darauf verweisen, welchen Beschränkungen die Apple-Herde hinter ihrem Zaun unterworfen ist. Das ist ja auch richtig – man läuft ständig in den proprietären Zaun, Apple kriegt es nur irgendwie hin, das Verbotsschild mit charmanter Geste zu halten.

Apple ist eher selten der große technologische Innovator. Der iPod war auch nicht der erste MP3-Player der Welt. Aber Apple weiß, wie man Dinge verpackt und verkauft.
Wie wichtig Design, Präsentation, Usability und die Art ist, wie ich das Produkt an den Kunden bringe. Wie ich es dem Kunden so einfach wie möglich mache, (was besonders dafür gilt, mir Geld zu geben) und wie ich möglichst elegant abtarne, was er alles nicht machen kann.

Und was die Theorien angeht, dass Apples Image kippen würde: Das ist in der Tendenz richtig und eine der perspektivisch größten Gefahren für Cupertino, aber bei weitem nicht so weit fortgeschritten, wie mancher denkt. Die Patentprozessorgie mit Samsung etwa – wir Digital-Nerds kriegen das mit, aber dem Mainstream-Kunden ist das null präsent. Da draußen laufen Leute rum, die frohen Mutes Nokia-Handys kaufen, weil ihnen nicht klar ist, dass sie mit Symbian auf ein Pferd setzen, dessen Termin beim Schlachter schon feststeht.

Hinzu kommt die Usability: Ein iPhone nimmt man in die Hand und bedient es richtig. Es gibt einen Grund dafür, warum das Ding ohne Handbuch ausgeliefert wird. Bei vielen Konkurrenzmodellen muss der Nutzer erst lernen, sich der Interface-Logik anzupassen. Bei Apple ist die Interface-Logik auf ihn ausgerichtet. Erneut: So simpel wie möglich.

Und so lange ein guter Teil der Zielgruppe so fanatisch ist, dass sie Event-Ankündigungen zu topgeklickten Meldungen machen und an den Lippen jedes Apple-Auguren hängen, der irgendein Detail postuliert, gibt es kein Problem auf der Nachfrageseite. Da draußen sind Leute stolz, ein Stück Pappe zu besitzen, das die Telekom ihnen als Talisman gegeben hat und das ihnen verspricht, zu den ersten zu gehören, die ein neuen iPhone kriegen. Obwohl das Ding weder vorgestellt noch auf dem Markt ist.
Und es werden sich wieder Verkaufsschlangen bilden vor den Apple-Schreinen – ach Verzeihung, Stores. Kurze Erinnerung an den Start des iPad 2: In Rezensionen wurde nicht die Frage behandelt, ob der Nutzer ein iPad 2 kaufen soll – sondern ob er es kaufen soll, obwohl er das Vorgängermodell hat.

Das wahre Magic Kingdom, das ist heutzutage Apple.

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